Häusliche Gewalt
Opfer von Partnerschaftsgewalt sind zu über 82 Prozent Frauen. Fast die Hälfte von ihnen hat in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Tatverdächtigen gelebt. Das zeigt die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Demnach wurden 2017 insgesamt 138.893 Personen erfasst, die Opfer von Partnerschaftsgewalt wurden. Knapp 113.965 Opfer waren weiblich. Die PKS erfasste folgende versuchte oder vollendete Delikte gegen Frauen:
- Vorsätzliche, einfache Körperverletzung: knapp 69.000
- Bedrohung: über 16.700
- Gefährliche Körperverletzung: rund 11.800
- Bedrohung, Stalking, Nötigung: knapp 29.000
- Freiheitsberaubung: über 1.500
- Mord und Totschlag: 364
Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu fast 100 Prozent weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind es fast 90 Prozent. Bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung sowie bei Mord und Totschlag in Paarbeziehungen sind 81 Prozent der Opfer Frauen.
Die PKS gibt einen Überblick darüber, in welchem Umfang und mit welchen Ausprägungen Gewalt in Paarbeziehungen bei der Polizei bekannt wurde. Die PKS beschreibt also die bekannten Fälle von Partnerschaftsgewalt - das sogenannte Hellfeld.
Das Dunkelfeld der Partnerschaftsgewalt
Die 2004 veröffentlichte repräsentative Studie "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland" wurde so konzipiert, dass auch bestehende Dunkelfelder bestmöglich aufgedeckt werden können. Dieser Studie nach haben rund 25 Prozent der Frauen im Alter von 16 bis 85 Jahren mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Partnerschaftsgewalt erlebt. Zu einem vergleichbaren Ergebnis für Deutschland kommt auch die im März 2014 veröffentlichte repräsentative Studie der Europäischen Grundrechteagentur zum Ausmaß von Gewalt gegen Frauen in Europa.
Bei den körperlichen Übergriffen handelt es sich um ein breites Spektrum unterschiedlich schwerwiegender Gewalthandlungen. Die Übergriffe reichen von wütendem Wegschubsen und Ohrfeigen bis hin zum Schlagen mit Gegenständen, Verprügeln und Gewaltanwendungen mit Waffen. Die Angaben zu sexuellen Übergriffen beziehen sich auf eine enge Definition erzwungener sexueller Handlungen, das heißt Vergewaltigung und sexuelle Nötigung. Zwei Drittel der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen haben schwere oder sehr schwere körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlitten.
Partnerschaftsgewalt in allen sozialen Schichten
Frauen werden keineswegs nur in sozialen Brennpunkten von ihrem männlichen Partner geschlagen, vergewaltigt, beschimpft oder gedemütigt. Die Studie "Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen", die 2009 veröffentlicht wurde, belegt, dass auch Frauen in mittleren und hohen Bildungs- und Sozialschichten Opfer von Gewalt werden. Zu den Risikofaktoren gehören neben Trennung oder Trennungsabsicht auch Gewalterfahrungen in der Kindheit und Jugend.
Gewalt durch stärkere Zusammenarbeit bekämpfen
Die Aufgabe, häusliche Gewalt zu bekämpfen und wirksame Maßnahmen zu entwickeln, erfordert eine enge Zusammenarbeit aller Verantwortlichen in staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen. In Kooperations- und Interventionsprojekten kommen daher Vertreterinnen und Vertreter der Einrichtungen, Institutionen, Projekte und Professionen einer Region zusammen, die gegen häusliche Gewalt arbeiten oder dafür gesellschaftliche Verantwortung tragen.
Nach den positiven Erfahrungen der Bundesmodellprojekte "Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt" (BIG) und "Koordinations- und Interventionskonzept für Schleswig-Holstein" (KIK Schleswig-Holstein) wurden in vielen Bundesländern Kooperations- und Interventionsprojekte eingerichtet. Im Auftrag des Bundesfamilienministeriums wurden verschiedene Interventions- und Kooperationsprojekte gegen häusliche Gewalt wissenschaftlich begleitet.
"Wer schlägt, der geht!"
Die Interventionsprojekte führten einen Perspektivenwechsel in der Diskussion über häusliche Gewalt herbei und neue täterorientierte Interventionsstrategien wurden entwickelt. "Wer schlägt, der geht!" wurde zu einem Leitmotiv veränderter staatlicher Intervention. Die Einführung des Gewaltschutzgesetzes 2002 und die schrittweise Erweiterung fast aller Polizeigesetze der Länder um die polizeiliche Befugnis einer Wegweisung des Täters aus der Wohnung sind Ausdruck dieser Veränderungen. Den Opfern wird nicht länger zugemutet, den Verlust der vertrauten Wohnung und Umgebung in Kauf nehmen zu müssen. Und den Tätern wird vom Staat gezeigt, dass Gewalt nicht toleriert, sondern bestraft wird.
Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"
Mit dem Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" gibt es unter der kostenlosen Telefonnummer 08000 - 116 016 Unterstützung und Hilfe bei allen Formen von Gewalt gegen Frauen. Neben den betroffenen Frauen können sich auch Angehörige, Freunde und Menschen aus dem sozialen Umfeld sowie Fachkräfte an das Hilfetelefon wenden. Das Hilfetelefon ist rund um die Uhr erreichbar, die Beratung ist vertraulich, kostenlos und wird in 18 Sprachen angeboten.